1 – Bøezník / Pürstling
„Gott weiß, welches Schicksal den Reviermann Koøán im Jahre 186* nach Pürstling brachte, welches eine halbe Stunde von der Bayerischen Grenze entfernt liegt, in der Mitte der Wälder und More, wohin vor dreißig Jahren kaum ein Mensch den Weg fand. Die hohe Ebene: Von grünen Wiesen und grauem Moos durchwachsen, windet sich ein Bach in granatroter Farbe: Junger Otava, der in dem Berg Lusen sprudelt, wo es angeblich noch die Goldquelle gibt, die in dem Alter längst vergangenen, den Edelmetalle-Überschuss dem „schiefen“ Fluss gaben. Aber heutzutage gibt es keinen Goldüberschuss mehr: Steigst du aus der Tür des Forsthauses, steht der Lusen vor dir, in Richtung südliches Gefilde. Er steht hier, mit weißlichem, zittrigem Kopf und in weißen Nebel gehüllt. Er steht hier bewegungslos, schweigt ewig, als hätte er die Änderungen der letzten Dekade bereut. Aus der rechten, westlichen Seite – das Gefilde Plattenhausen umfassend, sieht man den großen und kleinen Spitzberg, aus der linken, östlichen Seite, Moorkopf und Marberg, alle von dem Wald bewachsen bis zu den Gipfeln; keine tiefe Klause, es gibt keine Schlucht zwischen diesen Bergen, nur einige schmale Tälchen an den Füßen der mäßigen Hänge; lauter Moorwüsten, schreckliche, bewegungslose, jederzeit monotone bis zur Verzweiflung. Der miserable Wald kann wegen dem Winter und der Feutigkeit nicht Wachsen. Nur kriechendes Krummholz wuchert, durch welches kein Weg führt. Zahllose Stämme morschen und faulen auf der Erde; unter ihnen und um sie herum fließt schwarzes Wasser, das sich hier und dort in tiefen Pfützen sammelt. Kein Klang, kein Leben, kein Vögelchen, nicht einmal ein Insekt – sogar die beißenden Mücken, die weiter so eine Schwierigkeit bedeuten, vergeblich würdest du hier finden.“

Bøezník / Pürstling
Pürstling war eine Holzsiedlung. Ein Holzforsthaus stand hier seit dem
Jahr 1804. In dieser Zeit teilte der Fürst Schwarzenberg seinen neuen
Landbesitz in sechs Forstreviere auf. Vor allem Pürstling war eines der
Zentren. Als erster Reviermann diente hier Hans Eisner, und zwar von
1804 bis 1810. Zur üblichen Jagd (vor allem handelte es sich um die
Kontrolle der Auerhuhnbewegungen, welche sich in diesem Gebiet befanden
und zur beliebigen Zielscheibe der Fürstgäste geworden sind) kamen bald
auch anderen Pflichten, die mit dem Holzabbau zusammenhingen. Hierzu
zählten unter anderem die Kontrolle der Abbauschnelligkeit, der
Transport von abgebautem Holz, oder die Erneuerung der abgeholzten
Fläche. In dem Forsthaus in Pürstling wechselten sich mehrere Jäger ab,
darunter einige mit tschechischer Staatsangehörigkeit. Nach Jäger Eisner
tritt Franz Zoltarz (für 15 Jahre) ein, danach Franz Pankratz (für ein
Jahr), Augustin Trampus (für 18 Jahre), František Grantl (für 19 Jahre),
Jan Kováø (für zwei Jahre) Václav Wolf (für zwei Jahre). Im Jahre 1870
(das heißt im Jahre der zweiten bedeutenden Kalamität, von welcher Sie
in weiteren Texten dieses Naturlehrpfads erfahren können) diente hier
der Jäger Matyáš Øíha. Dieser wurde im Jahr 1885 von Adolf Schimann,
welcher hier weitere sechs Jahre aushielt verweilte, abgelöst. Im
Pürstling wechselte sich auch das Forstpersonal ab. Der nächste
Beschäftigte des Jägers war der Handlungsgehilfe. Neben den Förstern und
Handlungsgehilfen war in dem Forstrevier der Wildhüter tätig. In dem
Pürstlinger Forstrevier war das eine lange Zeit zum Beispiel der Walter
Paleèek.
Im Jahre 1856 wurde das ehemalige Forsthaus durch einen fünfzig Meter
langen Steinbau (dessen Bestandteile wurden auch für einen Stall für das
Vieh und die Pferde verwendet) und durch eine Scheune beziehungsweise
ein Schutzdach für die Kutsche und den Schlitten ersetzt. Das Forsthaus
war in Pürstling nicht der einzige Bau. Im Jahre 1890 gab es insgesamt
fünf Häuser mit 38 Einwohnern, zwanzig Jahre später gab es laut Quellen
drei Häuser mit dreizehn Einwohnern. In der Ersten Tschechoslowakischen
Republik gab es in der Nähe, abgesehen vom Forsthaus, noch zwei anderen
Holzhäuser mit einem Glockenstuhl, in welchem während des ersten
Weltkrieges die Familien Frinta und Hanza lebten. Das Forsthaus wurde
von der Familie Krickl bewohnt.
1896: „Hier ist es möglich, etwas kleines zum Essen zu bekommen (Brot, Eier, Butter, Bier), aber keine Übernachtung.“
1908: „Die Waldinsamkeit in schöner Lage an dem linken Ufer des Baches Lužná, der ab hier wörtlich Blau bedeutet. Sei das Hegerhaus und das Forsthaus hier. Privates Telefon. Die tschechischen Touristen werden in dem Hegerhaus von netten Wildhütern namens Kohout und Vláško herzlich wilkommen geheißen. Es ist möglich, Bier, Butter, Brot, Milch, Eier und generell alles, was man in einer Böhmerwalder Berggaststätte alles so braucht, für sehr niedrige Preise zu erwerben. Den Müden stehen immerhin ungefähr zehn Unterkünfte zur Verfügung. Die Gebühr für die Mitglieder des Nationalvereines im Böhmerwald beträgt für eine Nacht 70 Heller. Tschechischen Touristen wurde empfohlen, lieber in Pürstling als in Modrá zu übernachten, da in Modrá die Gastfreundlichkeit, die im Pürstlinger Hergerhaus vorherrsche, fehle.“
1923: „...das Hegerhaus mit zwei Holzfällerhütten (in allen die Übernachtungen seien, insgesammt 21, und studentische Übernachtungen – 7 Lager), ein idylischer Platz, vielleicht der schönste im ganzen Böhmerwald. Freien Wiesen sind zum Süden hin orientiert, mit dem kahlen Gipfel des Berges Luzný im Hintergrund.“
1935: „im Forsthaus-Restaurant und 13 Betten (in den zwei Nachbarnhütten sind acht Betten).“
1938: „die Hütten und das Staatsforsthaus, das 13 Betten in drei
Räumen hatte, eine Erfrischung, berühmte Pfankuchen. Dieser Platz wurde
zum Musterbeispiel des Buches „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten“ von
Karl Klostermann. Das Hegerhaus, vorrangig ein Forsthaus, in welchem der
Reviermann Koøán und der Handlungsgehilfe Svijanský wohnten, unter
diesem es die Behausung des Wildhüters Vavruch gab.“ (so sumava-modravsko.cz)
„Vier Sonntage sind vorbei, der Winter begann mit seiner Regierung; die ganzen Tage stand das Forsthaus in der Mitte des weißen Schneeflockenwindes, so dicht, dass es gar nicht möglich war, das Forsthaus innerhalb von 20 Schritten zu sehen. Manchmal erschien der Schnee leise, manchmal zerstreute ihn der Wind – in Säulen flüchtigen, in wahren Wirbelwinden fasste er ihn zusammen; in so mächtigen Wirbelwinden, dass innerhalb einer kurzen Weile alles durch das lockere, glänzende Gewand bedeckt war. In so einer Zeit ist es schon gefährlich, sich hundert Schritte von der eigenen Wohnung zu entfernen. In keines Auge eindringen die Mengen, doch wenn du es öffnest, stechen dich über hundert Kristallnädelchen und verursachen einen brennenden Schmerz alles brodelt um dich herum, es gibt keine Luft, es gibt kein Licht, du hörst nichts, du siehst nichts; dein Bart wird dir in einer Weile von weißen Schnee bedeckt sein, er verbindet sich, dein Mund und auch die Nase werden verstopfen, du wirst von ihm bedeckt sein.
Und wenn die Unruhe für eine kurze Zeit aufhört, sie scheint Dir glatt zu sein, einformiges Gefilde; nicht mal ein Andenken vom blaugrauen Krummholz, blüht in drei, vier Meter auf, höher ist es so bestreut, dass man nicht mal ein Ästchen sehen kann, die Kronen der hohen Baumkronen, wo sie dicht stehen, sind fast wie unter einem türmigen Dach verbunden, das von den Stammen, die wie Kirchensäulen aussehen, gehalten sind. Spazieren könntest Du in dem Dämmerlicht der Schneegewölbe, wenn du zu ihnen kommen könntest. Aber der Schnee sei immer noch weich, dünn, die Schichten liegen nicht zusammen an, und man würde bis zum Boden durchbrechen, derjenige, der der Erde vertrackteten sich anbefehlen würde. Erst wenn die Sonne wieder dämmert, wenn der Südwind ein Tauwetter mitbringt, die Schichten verdichten sich;dann die neuen Fröste, mithilfe der Eiskruste, die Oberfläche so bedecken, dass es möglich ist sich zu trauen, zu mindestens wenn man die Schneereifen an hat. Jedoch den neuen Schnee bald die neue Wolken mitbringen, die neuen Schneestürme treten ein, und die alten Schichten werden von den Neuen niedergelegt. Manchmal fällt eine Schneemenge herunter, sodass die Äste der alten Bäume unter der Schwere zusammenbrechen, und deren Knistern und Krachen in den stillen Nächten bis in die Weiten nachklingt, geheimnissvolle Klänge, denn die Escheinung ist unbekannt. Zwischen dem Forsthaus und der Wohnstätte des Wildhüters, alle Verbindung unterbricht sei, riesige Verwehungen legten sich zwischen die Gebäude in ungingbare, zehnmalige Ringmauer hin. Wäre irgendwo ein Feuer ausgebrochen, wäre eine Krankheit gekommen, hätte sich ein beliebiges Unglück abgespielt, hätten sich die Leute gar nicht helfen können. Auch die Holzfäller, die in ihren Hütten eingesperrt und vom Schnee verschüttet waren, dass kaum der Schorstein herausragte, die Zeit als Ziesel im Winterhöhle verbrachten. Faul schlich die Zeit, die Buchenfackeln? Brannten von Früh bis Abends, die Nächte waren schwarz wie die Schatten der Unterwelt, ohne Mondschein, ohne Sternenlicht.“
Karel Faustin Klostermann ist im Jahre 1848 in Haag am Hausruck in Österreich geboren. Als er ein Jahr alt war, zog die Familie nach Sušice um. Sie zogen im Laufe der Jahre mehrmals um. Karel besuchte das Gymnasium in Sušice und in Písek. Nach dem Abitur im Jahre 1865 geht er auf den Wunsch seines Vaters hin nach Wien, um Medizin zu studieren. Dort tritt er als „Chrudoš von Otava“ einem patriotischen Verein der tschechischen Studenten bei. Diese Tat hatte einen Meinungskonflikt mit seinem Vater zur Folge. Das Medizinstudium musste er im Jahre 1870 frühzeitig beenden. Einerseits wegen dem Dauerfinanzmittelmangel (von seiner materiellen Not berichtete er den Eltern innerhalb seines Studiums mittels mehreren Briefen), andererseits wegen seiner Sehkraft, die immer schlechter wurde. Diese hinderte ihn daran, sein Studium fortzuführen und später als Arzt zu praktizieren. Zwischen den Jahren 1870 und 1872 arbeitet er als Erzieher in Žamberk und widmet sich einem intensiven Modern-Fremdsprachenstudium. Zum Schluss ist es ihm mehr oder weniger gelungen, eine bewundernswerte Anzahl an Fremdsprachen zu beherrschen. Er lernte Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Serbokroatisch und zum Teil auch Englisch, Polnisch, Rumänisch und später auch das Neugriechische. Nachher kehrt er für kurze Zeit nach Wien zurück, wo er als Redakteur der Für-Tschechien-Zeitung namens „Wanderer“ tätig ist. Diese wurde aus ökonomischen Gründen bald darauf eingestellt. Klostermann ging daraufhin in den Böhmerwald nach Bergreichenstein zurück. Nach ein paar Monaten, im Oktober 1873, nimmt er eine provisorische Stelle als Französischlehrer an der neuerrichteten Realschule in Pilsen an, in welcher er auch seine zukünftige Frau, Marie Carmineová, die Tochter des Zollvewessers und Kaiserrates, kennenlernt. Er kümmert sich um seinen jüngeren, damals dreizehnjährigen Bruder Jakub. Damit ermöglicht er ihm, das Pilsner Gymnasium erfolgreich zu beenden. Nach dem Tod seines Bruders František kümmert er sich um seine Nichte Bedøiška. Er legt die Staatsprüfung als Französischlehrer an der höheren Realschule und als Deutschlehrer an der niedrigeren Stufen ab. Deshalb bekommt er in Pilsen eine Stelle als rechtmäßiger Mittelschul-Lehrer. Angesichts der belastenden Finanzsituation lehrt er noch an anderen Instituten und gibt auch Privatstunden. Ungefähr in dieser Zeit fängt er an, sich dem Beletrieschreiben zu widmen. Nach der Ausgabe des patriotistischen Romans „Auf der Suche nach dem Glück“, der die Schicksale der Tschechen beschreibt, die auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in Wien waren, ist er von dem c. k. Landesschulrad wegen angebliche Intoleranz gegen deutsche Einwohner kritisiert. Es wurde ihm mit dem Regress gedroht. Aufgrund solcher Kritik beschwert sich Klostermann beim Aufklärungsministerium. Er legt sogar Berufung bei dem Prinzen Bedøich von Schwarzenberg ein. Der Roman soll die Idee des gegenseitigen Zusammenlebens der Deutschen und Tschechen unterstützen. Zum Schluss wurde diese Angelegenheit mithilfe verschiedener Fürsprachen aufgeklärt und Klostermann konnte auch weiterhin in seinem Beruf tätig sein.

Bøezník / Pürstling
Die Romanhandlung „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten“ spielt sich in den
60er Jahren des 19. Jahrhunderts in Pürstling ab. Hier lebt der
Reviermann Emil Koøán mit seiner Frau Zdenièka. Zu ihm kommt der junge
Handlungsgehilfe Karel Svijanský. Trotz Koøán´s Warnung, niemals auf dem
gleichen Niveau zu sein, verliebt sich Karel in die hübsche Katy, die
Tochter des Wildhüters Vavruch. Der Wildhüter Vavruch ist ein typischer
Mann aus dem Böhmerwald. Auf den ersten Blick kann er unfreundlich
wirken, doch dafür kann nur das Leben in der Mitte des Böhmerwaler
Wildnis. Svijanský versucht das Mädchen auszubilden, doch seine Bemühung
sind erfolglos und Katy bleibt auch weiterhin eine einfältige, junge
Frau. Auch sein Vorgesetzter Koøán hat Beziehungsprobleme. Seine junge
Frau aus Budweis ist mit dem Leben in der Einöde, in der Mitte der
knallharten Böhmerwalder Natur, nicht zufrieden und überzeugt ihren
Mann, sich an einen anderen Ort versetzen zu lassen. Sie verlässt ihn
sogar für eine kurze Zeit und kehrt in die Stadt zu ihrer Mutter zurück.
Noch dazu wurde Koøan auf einer Razzia, welche er mit Vavruch
organisierte, von den Wilderern verletzt. Einer der Wilderer wurde vom
Svijanský aus Notwehr angeschossen. Zdenièka kommt zurück, um ihren Mann
zu behandeln. Svijanský wurde vom Gericht befreit, er muss aber wegen
der Rachedrohung aus Pürstling ins Inland fliehen. Zur gleichen Zeit
geht auch Koøán zur Freude seiner Frau weg – nach der Heilung wird er in
die Region Chýnovsko versetzt. Nach dem Abgang des Koøáns und
Svijanskýs, wurde der alte Urwald von einem Sturm zerstört und in dem
übrig gebliebenen Gebiet bricht eine Borkenkäferkalamität aus. Nach ein
paar Jahren kehrt Svijanský in seine ehemalige Wirkungsstätte zurück. In
der Zwischenzeit ist es ihm gelungen, den Platz des Reviermannes in
Krumau zu bekommen. Er möchte Katy heiraten. Der alte Vavruch ist jedoch
nach dem Tod (Er war genauso verkümmert wie der Wald nach dem Sturm und
starb mit ihm zusammen). Katy heiratete jedoch während Svijanskýs
Abwesenheit und zog nach Bayern.