6 – Der Chinitz-Tettau Schifffahrtskanal

Der Chinitz-Tettau Schifffahrtskanal trägt den Namen der Siedlung Chinitz-Tettau (Vchynice-Tetov). Die Siedlung wurde zwischen den Jahren 1790 und 1792 von Filip Kinský für die Holzfällergegründet. Sie bestand aus zwei Teilen, mit der Volksbezeichnung „Einbauern“ und „Brennten“ (heutzutage Chinitz-Tettau I und II). Nach den Quellen aus dem Jahre 1840 standen hier 39 Gebäude, in welchen 282 Leute wohnten. Es wurde hier die Schule für die Kinder eingerichtet. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, als die Baumbrüche und Bäume, die vom Borkenkäfer befallen waren, verarbeitet wurden, kam es zur Senkung des Arbeitsangebots und der Arbeitslosigkeit. Diese waren für manche Einwohner Gründe zur Emigration – Sie gingen nach Slowenien, Buchenland oder sogar ins weite Brasilien. Zur absoluten Ortschaftsentvölkerung kam es nach dem 2. Weltkrieg als Folge der Vertreibung deutscher Staatsangehöriger. Heute hat das Dorf elf Häuser und in seiner Nähe kann man noch in der Landschaft die Bauernhöfe und Gärten aus der Vergangenheit erkennen.

Aber zurück zum Schifffahrtskanal selbst. Das Holzflößen war die einfachste Art, wie man, in relativ kurzer Zeit, die größen Holzumfänge, die aus den Böhmerwalder Wäldern zugänglich waren, transportieren konnte. Nach der Bindung der Stämme in die Flöße war es möglich, diese innerhalb von ein paar Tagen bis nach Prag zu transportieren (nehmen wir an, in der Zeit handelte sich wirklich nur um einen Fluß – es gab noch keine Staudämme). Die Floßschwimmer kehrten dann nach Böhmerwald zu Fuß zurück. Der Weg dauerte ungefähr eine Woche. An den Plätzen wo sie anhielten oder übernachteten, entstanden s. g. Floßschwimmerkneipen, die Floßschwimmer hatten zudem eine spezielle Folklore. An dem Fluß Otava haben die Floßhölzer eine lange Tradition – die ersten Erwähnungen dazu finden wir bereits im Dokument aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, genauer aus dem Jahr 1584. Es handelt sich um einen Einkaufsvertrag des Herrschaftsteiles der Burg Kašperk der Stadt Kašperské Hory vom damaligen Kaiser Rudolf dem II. Die obere Vydra-Strömung war aber für die Fahrt nicht gut geeignet. Deswegen fingen die Schwarzenberger, die Besitzer der Prášil-Herrschaft, knapp vor dem Ende des 18. Jahrhunderts mit der Suche nach einer alternativen Lösung an. Hier widmeten sie sich vor allem der Holzförderung. Aber noch vor ihnen arbeitete der Komisar des Prachenauer Kreisamtes Herr Baierweck und der Waldminister Ehrenwerth die Idee auf das Holzschifffahrtsprojekt aus. Es hätte sich um eine Flussbett- und Strombearbeitung des Roklanský-Bach bis zum Platz, wo es heute das Èeòkova-Sägewerk gibt, aber auch um die Flussbettbearbeitung des Flusses Otava, handeln sollen. Der Plan wurde dem Landesverwaltung vorgelegt, er wurde aber nie vom Kreisamt, aufgrund der hohen Finanzansprüche, realisiert. Die Verhandlungen mit dem privaten Sektor folgten, d. h. Mit den Holzhändlern. Sie einigten sich aber nie. Josef Rosenauer, der Direktor des Wassertransportes, bemerkte diesen ergeizigen Plan und nach dem gründlichen Gälende- und Unterlagendurchforschen, welche Herr Baierweck ausarbeitete, empfahl er im Herbst 1798 dem Fürsten Josef Schwarzenberg den Prachenauer Landbesitz zu kaufen. Das geschah dann im Februar 1799. Der Fürst Filip Kinský verkaufte diesen Landbesitz von 12333 ha (davon 12 082 ha Waldgrundstück) für 400 000 Goldene, was für die damaligen Verhältnisse nicht wenig war. Noch dazu besaß er zwei Glassbläsereien in Prášily, zusammen mit einem Waldanteil, dessen Holz man in der Glassherstellung verwendet hätte sollen; Diese Glassbläsereien kaufte der Schwarzenberg zwischen den Jahren 1818 und 1824 von ihm auch ab. Das Projekt schien ziemlich teuer zu sein. In der Zeit handelte sich aus technischer Sicht um ein ausergewöhliches Bauwerk. Trotzdem entschied sich der Schwarzenberg in das Projekt zu investieren – er ging das Risiko, wegen des Mangel an Holz in Zentralböhmen (vor allem in Prag) und daraus folgender Verdienstmöglichkeiten, ein. Josef Rosenauer entschied sich den Plan umzuarbeiten. Statt der Flussbettveränderung des Flusses Vydra sollte man einen völlig neuen Kanal ausbauen. Er hatte bereits Erfahrungen damit – er projektierte im Jahre 1793 einen 44 Kilometer langen Schwarzenberger Schifffahrtskanal, der das Flussgebiet des Flusses Moldau mit dem Fluss Große Mühl (einem des Donau-Zustroms) verband. Damit ermöglichte er den Transport des Böhmerwalder Holzes nach Wien. Für den Holztransport nach Prag wollte er also auch den neuen Kanal nutzen. Der sollte den ganzen Vydra umgehen und den Antigelhof mit Èeòkova Pila verbinden. Er verarbeitete den Plan im Jahre 1799. In diesem Jahr begann auch der Kanalausbau. Am Ende dieses Jahres erschwerte ein ungewöhnlich kalter Winter die Bauarbeiten und deswegen, im Rahmen der frühzeitigen Ausbaubeendigung, wurden die Handwerker auch aus den anderen Herrschaften der Schwarzenberger einberufen. Unter der Leitung des Ingenieurs František Adler arbeiteten bei dem Bau über 203 Zimmerer, 108 Maurer und über ein Tausend Tagelöhner. Dank dieser Arbeiter war der Ausbau sogar vorher fertig und das Holz konnte schon im Frühling des Jahres 1801 zum Floßen beginnen.

Neben dem Kanalbau war es zudem nötig, den Fluss Otava von großen Steinen zu bereinigen und man errichtete dreizehn Stauwehre. Der Kanalbau zusammen mit drei Verbindungsrinnen, insgesamt von 17 843 Metern kostete etwa 120 000 Goldene. Die Gesamtkosten des Projekts stiegen bis zu 1 174 477 Goldene – keineswegs kleine Geldmittel forderte die Strombearbeitung des Flusses Otava, die Finanzkompensationen für die Müller an diesem Fluss, die Hausbauten für die Holzfäller und Floßschwimmer, der Holzlagerbau in Dlouhá Ves und in Kestøany und schließlich der Auslagerbau in Podolí u Prahy und in Prag. In der Gesammtsumme sind auch die Kosten für den Einkauf des Landbesitzes Prašily (die bereit erwähnten 400 000 Goldenen) und weitere 95 000, für welche die Schwarzenberger im Jahre 1800 den Bauernhof Dlouhá Ves kauften. An den höchsten Systemplätzen, also etwa in einer Höhe von 1100 Metern über dem Meeresspiegel, gab es acht Wasserbecken, die als „klauza“ oder „švele“ bezeichnet wurden. Dank dieser war es möglich, das Holz auf dem Roklanský und Modravský Bach zum Vydra und von diesem zum Kanal zu flößen. In der gleichen Zeit bildete der Kanal eine Schwimmwelle. Heutzutage kann man in dem Terrain, in der Mehrzahl der Fälle, nur die Wasserbeckenreste sehen. Die Mehrzahl wurde in der Zeit des zweiten Weltkriegs (oder nachher) zerstört. Der Kanalanfang bildete eine Balkenbrücke, deren Replik ging bereits an den Rahmen dieses Weges vorbei. Der erste Teil des Kanals hat die Neigung von 3% und ist ungefähr 3, 3 Kilometer lang. Sie windet sich ungefähr in der gleichen Richtung wie der Vydra, doch bei der Rokyta dreht er sich spitz um. In diesem Punkt kommt der erste, ungefähr ein 540 Meter langer Rutsch mit einem Höhenunterschied von 23 Metern. Der Rutsch öffnete sich erst dann, wenn er am Ende des ersten Teils das Holzgenüge einsammelte. Dadurch konnte das Holz im zweiten Teil floßen, d.h. nicht ganze 6 Kilometer. Ein weiterer, steiler Rutsch (ein Höhenunterschied von 47 Metern und einer Länge von 570 Metern) folgte bei Mechov. Dort folgte der dritte Kanalteil, der ungefähr 3,5 Kilometer lang war. Auf dessen Ende gab es einen weiteren Rutsch in den Fluss Køemelná. Dieser Rutsch musste auf Grund der instabilen Holzkonstruktion aus dem Jahre 1807 durch einen anderen Rutsch in der Nähe von Mechov ersetzt werden. Dieser führte in den Sekerský Bach, welcher parallel mit dem Kanal das Holz bis zum nächsten Rutsch in Køemelná zusammenflößte. Im Jahre 1973 kam es zur Veränderung des urspründlichen Planes – In Køemelná gab es nähmlich eine bessere Flusskraft, als welche der Sekerský Bach hatte. Das spiegelte sich sowohl in der Schifffahrtschnelligkeit als auch in der Qualität des transportierten Holzes wieder, weil es in einem ungepflegten Flussbett leichter zur Holzschädigung aufgrund des Wassermangels kam. Die Schifffahrt fand nur mit dem Wassergenüge statt, d.h. 20-30 Tage jährlich, vor allem im Frühling. Einerseits gab es genug Wasser vom tauendem Schnee, anderseits fand die intensivste Förderung im Herbst und im Winter statt. Mithilfe der Wasserbecken war es nötig eine Schifffahrtswelle von einem Durchfluss von 4,5 m3/s auszubauen. Der Kanal wurde, abgesehen von dem Flößen, noch mehrere Male pro Jahr zur Bewässerung mancher Grundstücke in seiner Nähe benutzt. Der Kanal wurde auf mehreren Stellen mit seitlichen Schleusen zum Auslassen des Wasserüberschusses und auch zum s. g. Eisrutsch, welche den Eisschollen wegzuschwimmen halfen, ausgerüstet. Es gab insgesamt acht Stellen, wo man den Kanal durch eine gewölbte Brücke überqueren konnte. Obwohl die Schifffahrt dank der frühzeitigen Baubeendigung zum ersten Mal schon im Frühling 1801 durchgeführt war, wurde sie durch das Kaiserdekret offiziell erst im September des gleichen Jahres bewilligt. Unter der Aufsicht von Schwarzenberg setzte sich dann das Holzflößen im Grunde bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhundert fort. Zur gewissen Vermögensreduktion kam es nach dem ersten Welkrieg als Folge der Bodenreform. Das Vermögen der tschechischen Primogenitur dieser Abstammung wurde im Jahre 1947, nach der Gesetzesausgabe, bezeichnet als „Lex Schwarzenberg“, eingenommen. Im folgenden Jahr wurde es verstaatlicht. Die letzte Holzschifffahrt über den Kanal fand im Jahre 1958 statt. Das letzte Floß schwamm am Otava zwei Jahre später.

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