Kvilda – Geschichte

An dem Ort, wo sich die heutige Gemeinde Kvilda befindet, erstreckte sich  in der Vergangenheit ein schwer zugänglicher Grenzforst, der die natürliche Grenze zu Bayern bildete. Es war Gold, welches  in diese bewaldete und unwirtliche Gegend die ersten Goldwäscher lockte. Damals, im 14. Jahrhundert, gehörte diese Gegend den Johannitern. Heute kann man in der Umgebung von Kvilda und Horská Kvilda noch überall Seifenhügel, sog. sejpy, finden. Das sind vom Goldwaschen übriggebliebene kleine Sandhaufen.

Einen großen Einfluss auf die Besiedlung der hiesigen Landschaft hatten die Handelswege. Der Obere „Goldene Steig“,  auch Bergreichensteiner Zweig genannt, der die Königsburg Karlsberg schützen sollte, diente dem Handel schon seit 1366. Er verband Passau mit Bergreichenstein (Kašperské Hory) und führte über Salzgattern, Freyung und Kvilda.   Karl IV. ließ diesen bedeutenden Handelsweg 1356 anlegen. Man vermutet, dass das Dorf Kvilda wahrscheinlich im 16. Jahrhundert ursprünglich als Handelsweg-Service-Siedlung entstand.

In den Landtafeln ist eingetragen, dass 1569 zum Herrengut Velký Zdíkov auch ein Teil einer Gemeinde mit dem Namen “Gvilda” gehörte. In der Steuerrolle, dem ältesten Untertanenverzeichnis aus den Jahren 1654-1655, erscheint das Dorf  “Kvilda pod Èernými horami“ (Kvilda unter den Schwarzen Bergen). In den Zeiten der Gültigkeit des Theresianischen Katasters (1713-1734) wohnten in Kvilda 200 Menschen, 1793 lebten in 50 Häusern 380 Menschen und 1870 hatte Kvilda 1121 Einwohner.

An Ende des 18. Jahrhunderts kam der Handelsverkehr am „Goldenen Steig“ langsam zum Erliegen und in der  Gemeinde entstanden neue Handwerkebetriebe  wie ein Hammerwerk, Glasmacherbetriebe, Bergbauernwirtschaften und Handwerksbetriebe, die mit der Holzverarbeitung und -förderung verbunden waren. Zu dieser Zeit arbeiteten hier 3 Glashütten. Später begann die Herstellung von Hinterglasmalereien, die die Familie Verderber betrieb.  Zum weltberühmten Unternehmen wurde jedoch die Resonanzholz-Säge, die 1820 vom Peter Strunz gegründet wurde.

In Kvilda waren noch 3 weitere Sägewerke in Betrieb, eine Tischlerei, einige Drehereien und Ski-Herstellungsbetriebe sowie eine Schnitzerei. Schindeln und Holzdraht wurden in jedem Haus hergestellt. Ob Glasmacher, Waldarbeiter oder Holzfäller, alle waren zugleich auch Landwirte. Von Anfang an mussten sie sich in dieser abgelegenen Gegend  den harten Naturbedingungen stellen um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die neuen Siedler mussten die Wälder roden, um auf dem gewonnenem Stück Land ihre Felder und Weiden anzulegen und ihre primitiven Häuser und Vieh-Ställe zu bauen. Zur Landwirtschaft gehörte ausnahmslos auch die Viehhaltung, vor allem die Rinderzucht. In der Umgebung von Kvilda wurde Hafer, Roggen, sogar Winter-Weizen, Kartoffeln und Kohl angebaut. Für die meisten Einwohner hatte die Landwirtschaft Selbstversorgungscharakter. Nach und nach wandelte sich das  landwirtschaftlich geprägte Kvilda zu einer Handwerker- und Arbeiter-Gemeinde.

Der Erste Weltkrieg und die Wirtschaftskrise in den 30er Jahren bremsten die Entwicklung der Gemeinde. Trotzdem gehörte Kvilda noch vor dem Zweiten Weltkrieg zu den bedeutendsten Gemeinden im  mittleren Böhmerwald, die mit ihrer sozialen Bevölkerungsstruktur und ihrem wirtschaftlichen Charakter mehr einer kleinen Stadt als einem Dorf glich. Es gab hier eine breite Auswahl von Geschäften: zwei Kolonialläden, vier Metzgereien, vier Bäckereien und Konditoreien. Weiter gab es in dem Bergdorf acht Schneider und ein Geschäft mit Schneiderwaren, sechs Schuhmacher und ein Schuhgeschäft mit den Markenschuhen von Baa, einen Zeitungsständer-Hersteller, Friseurbetriebe, ein Taxiunternehmen und einen Fuhrbetrieb. Für die Touristen, die Kvilda nach dem Ersten Weltkrieg entdeckten, standen in Gasthäusern Verpflegung und Unterkunft zur Verfügung. In der Gemeinde Kvilda herrschte auch ein reges Kulturleben und es gab viele Vereine, wie z.B. einen Feuerwehrverein, einen Turnverein und mehrere Musikkapellen.

Der Glauben und die Religion, meistens war man römisch-katholisch, begleitete die Einwohner ihr  ganzes Leben lang. Das älteste Heiligtum in Kvilda war die Kapelle des Hl.-Stephan aus dem Jahre 1709. Von großer Bedeutung für die Gläubigen von Kvilda  und der näheren  Umgebung war die Errichtung der Kirche und des Friedhofs. Der damalige Herrengut-Inhaber von Velký Zdíkov, zu dem Kvilda gehörte, lies 1765 eine hölzerne Kirche, die dem Hl. Stephan geweiht wurde, erbauen.

Im Juli 1889 brach im Zentrum der  Gemeinde ein großer Brand aus, bei dem in  kurzer  Zeit die Kirche, das Pfarrhaus und 18 Häuser abbrannten. 1892 begann man mit dem Bau einer neuen Kirche aus Stein, die schon nach zwei Jahren fertig war und den Gläubigen zur Verfügung stand.

Der erste Schulunterricht begann 1768. Mit der Allgemeinen Schulordnung für Österreich wurde 1774 die Schulpflicht für Kinder von 6 bis 12 Jahren eingeführt. 1790 besuchten schon 52 Schüler die Schule in Kvilda. 1810 wurde gleich neben der Kirche ein neues Schulgebäude errichtet. In den Zwischenkriegsjahren besuchten diese deutsche Schule 160-200 Schüler. Die staatliche tschechische einklassige Schule wurde in Kvilda  am 1. September 1936 in Betrieb genommen. Am Ende des Schuljahres 1946/47 blieben, nach der Vertreibung  der deutschen Einwohner, in Kvilda nur noch 13 schulpflichtige Kinder übrig. Die Schülerzahl nahm weiter ab und 1953 besuchten nur noch 3 Schüler die Schule. Erst im Jahre 1955, nach der Ankunft von Neusiedlern, fing die Schülerzahl wieder zu wachsen an. Die höchste Schülerzahl  hatte die Schule im Schuljahr 1964/65. Von diesem Zeitpunkt an sank die Zahl kontinuierlich und 1994 wurde der Unterricht an dieser Schule nach 226 Jahren beendet.

Der wachsende tschechische Nationalismus, die Hitlerpropaganda und besonders die menschverachtende faschistische Ideologie  Hitler-Deutschlands verursachte eine tiefe Zerspaltung im Zusammenleben von Tschechen und Deutschen im Grenzgebiet. Nach dem Münchner Abkommen und dem Entstehen des Sudetenlandes  verließen fast alle tschechischen Einwohner Kvilda. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 musste der größte Teil der arbeitsfähigen Männer aus dem Sudetengebiet an die Front. Die Situation in den Herstellungsbetrieben, Waldbetrieben und der Landwirtschaft fing an kritisch zu werden. Die deutschen Ämter schickten  Menschen aus den besiegten und besetzten Staaten. Es waren nicht nur die gefangenen Soldaten, sondern auch Zivilisten aus dem Osten, sog. “Ostarbeiter”. Zu diesem Zweck wurden Flüchtlings- und Arbeits-Lager eingerichtet. Im Zweiten Weltkrieg sind 63 Bürger aus Kvilda gefallen und weitere 24 Männer wurden als vermisst gemeldet. In einem Fragebogen des Nationalausschusses vom 29.8.1945 stand lt. Verwaltungskommission in Kvilda, dass am Tag des Abzugs der Besatzungsmacht  in Kvilda insgesamt 1435 Menschen lebten, wovon 1420 der deutschen Nationalität und 15 der tschechischer Nationalität zugehörig waren. Bis Oktober 1945 flohen aus Kvilda 226 deutsche Bürger und 15 tschechische Bürger zogen zu. Vom 14. Mai bis 8. Oktober 1946 wurden in 11 Transporten dann insgesamt 649 deutsche Einwohner abgeschoben. Eine der Folgen des Zweiten Weltkrieges war der Fakt, dass Kvilda im Jahre 1950 nur noch 238 Einwohner hatte. Die Entwicklung von Kvilda in den Nachkriegsjahren wurde nicht nur von der Vertreibung der deutschen Bevölkerung und der verschiedenartigen Neubesiedlung beeinflusst, sondern auch von der Errichtung des Grenzgebiets, das besonders an der westlichen Linie, an der Grenze mit BRD, unter strenger Kontrolle stand. Am  1.1. 1949 wurde in Kvilda die Grenzwacht-Einheit 9600 des Korps der nationalen Sicherheit aufgestellt und am gleichen Tag wurde ihr die Finanzwache-Kompetenz im Grenzgebiet übergeben, wobei die Finanzwache selbst aufgelöst wurde. Von 1951 bis 1954 lag Kvilda im Grenzgebiet. Seit 1952 befand sich in der Gemeinde das Grenzwachtkommando und ab dem 1.1.1966 wirkte in Kvilda die Grenzwachttruppe, das hier bis 1990 bestand.